Bissiges

November 15, 2013

Die Schüler abholen …

Filed under: Schülerverhalten,Unterricht — laempel @ 5:59 pm
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Ja wo sind sie denn? Anna ist in Gedanken bei dem Chat mit ihrem Freund aus der Oberstufe, den sie wegen des Klingelns abbrechen musste. Mike liegt mit dem Kopf auf dem Tisch, offenbar übermüdet von der nächtlichen Orgie an der Videokonsole und über die Hälfte meldet sich bei der Hausaufgabenabfrage: „Ich wusste nicht, was wir machen sollten.“ Die andere Hälfte ist so ehrlich und gibt zu, dass sie die Aufgabe vergessen, also keine Lust gehabt hat.

Als Lehrer soll man die Schüler „da abholen, wo sie stehen“. Das ist eine dieser vom Studium über Referendariat bis zu Fortbildungsveranstaltungen so oft wiederholten Sätze, dass er inzwischen bei nicht wenigen allergische Reaktionen auslöst (geht diese Phrase eigentlich auf Hilbert Meyer zurück?). Allerdings merkwürdig, dass noch niemandem der Widerspruch zur gleichfalls geltenden Doktrin des selbständigen Lernens ins Auge gefallen ist. Beim Abholen nehme ich die Schüler an die Hand und führe sie da hin, wo sie gehen sollen. Und offenbar erwarten sie genau das. Zurückgelehnt in Konsumentenhaltung wird alles abgelehnt, was mehr Anstrengung als einen Mausklick erfordert. Wäre es zur Abwechslung nicht mal vielversprechender, wenn sich unsere Schülerchen selbst in Bewegung setzen und eigene Anstrengungen unternehmen würden, sich dem Lerngegenstand zu nähern?

(OK, OK, es gibt auch andere und dann macht das Unterrichten Spaß, aber wenn sich in einer Klasse eine kritische Masse an Konsumenten — in Verbindung mit den passenden Eltern — befindet, dann wird es schwierig. Es stellt sich ein Gefühl ein, als ob man versucht, den Grand Canyon hinaufzuschwimmen, wobei von oben immer wieder Felsbrocken in die Strömung geworfen werden.)

2 Kommentare »

  1. ZuM Wandertag trifft man sich ja auch an einem gemeinsamen Ort, statt jeden abzuholen.

    Kommentar von Herr Rau — November 16, 2013 @ 6:30 pm | Antworten

  2. Nein, das ist nicht von Hilbert Meyer. Der Gedanke ist wesentlich älter – ich würde ihn mal in der Gegend von Fröbel ansiedeln. Und es geht auch nicht um’s Händchenhalten, sondern darum zu wissen was in den Köpfen der Schüler vorgeht – welche Vorstellung sie haben, was sie als selbstverständlich sehen, wie sie Begriffe definieren und Ereignisse erklären. Erst wenn man die kennt kann man unterrichten.

    Kommentar von Kurt — Juni 7, 2022 @ 11:50 am | Antworten


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